Erbbaurecht im Wohnungsbau: Von der Nische zur Chance


Wohnen
15.07.2025 Autor/en: André Adami, Margo Lange

Immer mehr Städte und Kirchen denken um: Statt eines klassischen Grundstücksverkaufs nutzen sie bei der Vergabe von Bauland nun mehr und mehr das Erbbaurecht. Warum sie das tun, für wen sich die Anwendung des Erbbaurechts lohnt und ob das Verfahren den dringend benötigten Bau von Wohnraum unterstützen kann, beleuchtet die neueste Kurzstudie von bulwiengesa im Auftrag der Berlin Hyp AG.

Wohnungsmarkt unter Druck: Alle Optionen müssen auf den Tisch

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Deutschland fehlen nach wie vor hunderttausende Wohnungen. Trotz politischer Bemühungen wird sich die Wohnraumknappheit nicht von heute auf morgen lösen lassen. Erschwerend kommen hohe Bau- und Finanzierungskosten sowie die zunehmende Grundstücksknappheit hinzu – vor allem in den begehrten A-Städten.

"Es gilt daher weiterhin, alle Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die das Angebot auf dem Mietwohnungsmarkt verbessern können", betont Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp. "Neben Nachverdichtung und Umnutzung gehört dazu auch das Erbbaurecht, das bislang weniger im Fokus stand, aber unter gewissen Bedingungen durchaus Potenziale birgt."

89.000 Erbbaurechtsgrundstücke – mit Potenzial für deutlich mehr

Die Kurzstudie "Erbbaurecht im Wohnungsbau: Von der Nische zur Chance" zeigt: Das Instrument wird bereits genutzt, aber noch längst nicht ausgeschöpft. Nach theoretischen Berechnungen von bulwiengesa bestehen in den sieben A-Städten aktuell bereits circa 89.000 Erbbaurechtsgrundstücke.

"Nach unseren Annahmen werden pro Jahr aktuell für nur etwa 0,5 Prozent des Grundstücksbestandes der Kommunen, Kirchen und Stiftungen in Deutschland Erbbaurechte bestellt", erklärt André Adami, Bereichsleiter Wohnen bei bulwiengesa und Verfasser der Kurzstudie. "Es gibt also großes Potenzial, diese Zahl zu steigern und das ist eine positive Nachricht, denn insbesondere in den zentralen Lagen mangelt es derzeit an verfügbaren und bezahlbaren Grundstücken."

Wie andere Länder vormachen, was möglich ist

International zeigt sich, dass das Erbbaurecht durchaus etabliert werden kann. In den Niederlanden beispielsweise stellt es eine übliche Form der Grundstücksaktivierung dar. Hierzulande wird dem Instrument trotz des vorhandenen Potenzials häufig noch mit Zurückhaltung begegnet.

Transparenz bei Vor- und Nachteilen

Die bulwiengesa-Kurzstudie stellt das Erbbaurecht dem Volleigentum gegenüber und gibt einen detaillierten und transparenten Überblick über Vor- und Nachteile aus Sicht der zentralen Akteure – Eigentümer, Projektentwickler, Banken und Endinvestoren.

Ein wichtiges Argument für das Erbbaurecht ist dabei die Chance, durch eine anfängliche Ersparnis bei den Grundstückskosten die Grundlage für günstigere Mieten im Wohnungsbau zu schaffen. Dies hängt jedoch zu einem großen Maße von den Konditionen bei der Vergabe von Erbbaurechten ab.

Verschiedene Ansätze in den A-Städten

Die Studie zeigt die entsprechenden Rahmenbedingungen in den sieben A-Städten auf. Insbesondere beim Erbbauzins gibt es sehr unterschiedliche Ansätze:

Hamburg nimmt mit einem einheitlichen, sozialverträglichen Erbbauzins von 1,3 Prozent eine Vorreiterrolle ein. Frankfurt setzt im Wohnen einen Zinssatz von 2,5 Prozent an, München verhandelt die Konditionen individuell. Berlin, Köln und Stuttgart arbeiten mit abgestuften Erbbauzinsen sowie unterschiedlichen Entschädigungsregelungen und Laufzeiten zwischen 40 und 100 Jahren.

Standardisierung als Schlüssel zum Erfolg

"Bei entsprechender Gestaltung kann das Erbbaurecht eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Grundstückserwerb darstellen", fasst Sascha Klaus zusammen. "Für einen vermehrten Einsatz in Deutschland braucht es aber wahrscheinlich eine größere Standardisierung der Konditionen und ein Umdenken in den Köpfen der Menschen in Sachen Eigentum."

Durch eine solche Standardisierung könnte die Relevanz des Erbbaurechts künftig weiter steigen und einen wichtigen Beitrag zur Entspannung des angespannten Wohnungsmarkts leisten.

 

Die Aufzeichnung des Webinars vom 16. Juli 2025 sowie die Pressemitteilung finden Sie auf der Website der Berlin Hyp AG. Eine Zusammenstellung der KeyFacts haben wie hier für Sie.

Ansprechpartnerin: André Adami, Bereichsleiter Wohnen, andre.adami@bulwiengesa.de und Margo Lange, Consultant, margo.lange@bulwiengesa.de

You might also be interested in

For our magazine, we have summarized relevant topics, often based on our studies, analyses and projects, and prepared them in a reader-friendly way. This guarantees a quick overview of the latest news from the real estate industry.

Five per cent returns no longer illusory even for core properties

The ‘5% study - where investing is still worthwhile’ celebrates its tenth anniversary. Since the first edition was published, the German property market has tarnished its reputation as a safe investment haven. Higher yields are now within sight, even for prime properties, and even residential property is increasingly becoming a profitable asset class again. The market is more exciting than it has been for a long time
>

How hot are the housing markets?

The rise in interest rates is putting a massive damper on residential construction. For the fifth time, we have analysed the relationship between supply and demand for each of the more than 11,000 German municipalities together with BPD for the "Housing Weather Map"
>

Senior Living – the ideal location

The location is particularly important for properties for seniors. Acceptance by the residents stands and falls with the location of a new building. What should be considered when choosing a location?
>

Interesting publications

Here you will find studies and analyses, some of which we have prepared on behalf of customers or on our own initiative based on our data and market expertise. You can download and read many of them free of charge here.

The 5 % Study 2024 - where it still pays off to invest

bulwiengesa has analysed the yield potential of the German real estate markets for the tenth time.
>

BF.quarterly barometer Q3/2024

Slight recovery in new business helps barometer
>

bulwiengesa real estate index 2024

Real estate index up again, but also with real increase?
>